Forschende entwickeln eine Methode zur Gewinnung nützlicher Proteine aus Bierbrauresten

München steht für Braukunst, Wiesn und derzeit für die Weltleitmesse analytica. Eine Entwicklung aus Singapur könnte die Stadt zu Proteingewinnungsmetropole aus Bierbrauresten avancieren lassen.

Forscher der Nanyang Technological University, Singapur (NTU Singapur), haben nach eigenen Angaben eine Methode entwickelt, mit der über 80 Prozent des verfügbaren Proteins in Getreideresten, die beim Bierbrauen anfallen und landläufig als Biertreber bekannt sind, extrahiert werden können.

Biertreber ist der feste Rückstand aus gemälzter Gerste nach dem Brauen von Bier. Er ist das wichtigste Nebenprodukt der Bierbrauindustrie und macht 85 Prozent des Gesamtabfalls aus. Weltweit werden jedes Jahr etwa 36,4 Millionen Tonnen Biertreber produziert.

Dieser Biertreber wird in der Regel nach seiner primären Verwendung zum Bierbrauen entsorgt. Zwar werden weltweit Anstrengungen unternommen, Biertreber für Anwendungen wie Tierfutter, Biokraftstoffherstellung oder Kompostierung wiederzuverwenden. Doch nach wie vor landet immer noch ein erheblicher Teil davon auf Deponien, wo Treibhausgase wie Methan und Kohlendioxid entstehen.

Nach der Erforschung neuer Verwendungsmöglichkeiten für die anvisierten Proteine sagen die Forscher des NTU-Programms für Lebensmittelwissenschaft und -technologie, dass ihre Proteinextraktionsmethode dazu beitragen könnte, diesen Abfall zu reduzieren. Die extrahierten Proteine könnten dann zur Anreicherung von Nahrungsmitteln und sogar für kosmetische Zwecke verwendet werden, "was der wachsenden Vorliebe der Verbraucher für nachhaltig erzeugte und umweltfreundliche Waren entgegenkommt", heißt es dazu in einer Mitteilung der Universität. 66 Prozent der Verbraucher weltweit seien zudem bereit, für Produkte nachhaltiger Marken höhere Preise zu zahlen.

Die Forscher extrahierten bis zu 200 Gramm Protein aus einem Kilogramm Biertreber, was auf dessen Potenzial als Proteinquelle hinweise. 
Auch stellten die Wissenschaftler fest, dass die gewonnenen Proteine für den menschlichen Verzehr unbedenklich und von hoher Qualität sind. Damit würden sie sich für die direkte Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln und zur Aufwertung des Proteingehalts pflanzlicher Lebensmittel eignen.

Sollte die Technologie kommerziell zum Einsatz kommen, wäre ein weiterer Aspekt von Bedeutung, wie die Forschenden resümieren: "In Anbetracht der Bedeutung pflanzlicher Lebensmittel für die Versorgung mit essenziellen Proteinen in unserer Ernährung kann die Zugabe von Biertreber-Proteinen zu diesen Lebensmitteln deren Nährwert erheblich steigern. Dieser Zusatz könnte den Menschen dabei helfen, ihren täglichen Proteinbedarf besser zu decken".

Bedeutung für München, Bayern und die gesamte Republik

Tatsächlich wäre die Etablierung der Technologie gerade für Deutschlands Brauereien interessant. "Die Braukunst ist ein Markenzeichen Deutschlands. Als eine der ältesten und nach wie vor führenden Biernationen der Welt verfügt Deutschland über eine verblüffende Vielfalt an kleinen, mittelständischen und großen Brauereien", schreibt dazu der seit 150 Jahren existierende Deutsche Brauer Bund e.V. und liefert einige Zahlen gleich mit:

"Mit über 1500 Brauereien in 16 Bundesländern spielen die Deutschen weltweit in der obersten Liga mit. Kein Land hat eine ähnlich hohe Brauereidichte. Die Nase vorn haben die Süddeutschen und NRW – in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen befinden sich etwa 70 Prozent der deutschen Brauereien". 

Dass hinter jeder Wiesn-Mass mehr steckt als schlichter Konsum, verdeutlchen weitere Fakten, wie der Deutsche Brauer Bund ebefalls erklärt: "An den Universitäten, Fachhochschulen, Akademien und Meisterschulen werden die Braumeister und Getränketechnologen der Zukunft ausgebildet, findet Forschung und Entwicklung auf höchstem wissenschaftlichen Niveau statt und werden Netzwerke internationaler Branchenexperten gebündelt. Zudem sind deutsche Unternehmen aus der Zulieferindustrie in Brauereien auf allen Kontinenten gefragt. Der Rohstoff Hopfen ist eng mit der deutschen Landwirtschaft verbunden und wird von vier Anbaugebieten in alle Teile der Welt exportiert".


Die Forschungsarbeit mit dem Titel "Recovery of antioxidative protein hydrolysates with functional properties from fermented brewer's spent grain via microwave-assisted three phase partitioning" wurde in Innovative Food Science & Emerging Technologies im Januar 2024 veröffentlicht. DOI 10.1016/j.ifset.2023.10355


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Forscher des Studiengangs Lebensmittelwissenschaft und -technologie der NTU Singapur haben eine Methode entwickelt, mit der über 80 Prozent des verfügbaren Proteins in Getreideresten aus dem Bierbrauen extrahiert werden können, die gemeinhin als Biertreber bekannt sind. Credits: NTU Singapur