Totimpfstoff gegen Marburgvirus-Infektionen (MARV) bekommt FDA Orphan Drug Status

Es ist ein Durchbruch: Forschende der Universität Hawaii und des US-Biotechspezialisten Soligenix haben für einen Protein-Impfstoff aus rekombinant exprimiertem Marburg-Virus-Glykoprotein den Orphan-Drug-Status erhalten. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA erteilte ihn für die "Prävention und Postexpositionsprophylaxe gegen MARV-Infektionen".

Bei dem Vakzin mit dem Namen MarVax handelt es sich um einen sogenannten Subunit-Protein-Impfstoff (Totimpfstoff) aus rekombinant exprimiertem MARV-Glykoprotein. Dieser wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Axel Lehrer an der University of Hawaiʽi at Mānoa entwickelt.

Der Clou: Der Impfstoff enthält ein Protein, das sich auf der Oberfläche des MARV befindet, um eine angemessene Immunreaktion hervorzurufen. Allerdings stellt er als Totimpfstoff kein Infektionsrisiko dar. Zudem stimuliert das Vakzin sowohl humorale, als auch zellvermittelte Immunreaktionen. Das Produkt wird als hitzestabiles Pulver in einem Fläschchen hergestellt, das unmittelbar vor der Verwendung mit handelsüblichem steriles Wasser für Injektionszwecke rekonstituiert wird.

Das Marburg-Virus verursacht die Marburg-Viruskrankheit, die mit der Ebola-Viruserkrankung eng verwandt ist. Obwohl MARV weniger Ausbrüche verursacht hat, sind diese nach wie vor hochgradig tödlich und stellen ein erhebliches Risiko auf dem afrikanischen Kontinent dar. Der jüngste Ausbruch erfolgte im Jahr 2023.

Derzeit gibt es keinen zugelassenen Impfstoff gegen MARV, und der einzige zugelassene Impfstoff gegen Filovirus-Erkrankungen ist spezifisch für das Zaire-Ebolavirus.

Im Gegensatz zu den zugelassenen Impfstoffen, bei denen ein anderes inaktives oder abgeschwächtes Virus verwendet wird, um das Immunsystem zu stimulieren, ist das jetzt vorgestellte Vakzin ein hitzestabiler Subunit-Impfstoff mit Adjuvans. 

Die Marburg-Viruskrankheit wird durch MARV verursacht und zählt zur Familie der Filoviridae. Dazu gehören auch das Sudan-Ebolavirus sowie das Zaire-Ebolavirus. Es wird angenommen, dass Filoviren in verschiedenen Tierarten in Afrika vorkommen, insbesondere in Fledermäusen, obwohl der spezifische Reservoirwirt für viele dieser Viren noch unbekannt ist. Seit 1967 sind mehrere Ausbrüche der Ebola- (sowohl im Sudan als auch in Zaire) und Marburg-Virus-Krankheit bekannt geworden. Nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) erfolgten die jüngsten Ausbrüche von Februar bis Juni 2023 in Äquatorialguinea und von März bis Mai 2023 in Tansania- Ein Zusammenhang zwischen beiden Ausbrüchen besteht nach Ansicht der CDC nicht. Auch in Ghana wurden in den Jahren 2022 und 2021 Fälle der Marburg-Virus-Krankheit festgestellt.

Die Übertragung von Filoviren erfordert den direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten einer infizierten Person oder den Kontakt mit infizierten Tieren. Die Sterblichkeitsrate nach Filovirus-Infektionen ist extrem hoch und hängt, da wirksame Therapeutika nicht in großem Umfang zur Verfügung stehen, von der Qualität der verfügbaren unterstützenden Pflege ab.

"Das Marburg-Virus kann bei infizierten Personen ein hämorrhagisches Fieber auslösen, das laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in 24 bis 88 Prozent der Fälle tödlich verläuft, je nach Virusstamm und Stand der Krankenversorgung", schreibt dazu das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.

Das Abklingen der Krankheit hängt weitgehend vom eigenen Immunsystem des Patienten ab. Während es für die durch das Zaire-Ebolavirus verursachte Krankheit nur begrenzte Behandlungsmöglichkeiten gibt, stehen bislang für die Marburg-Virus-Krankheit keine Behandlungsmöglichkeiten oder Impfstoffe zur Verfügung.

Die zugelassenen Impfstoffe gegen das Ebola-Virus(Zaire-Ebolavirus) basieren auf einem viralen Vektoransatz, der für einige Personen kontraindiziert ist und eine strenge Lagerung in einer extrem niedrigen Kühlkette erfordert. Das  verhindert den Einsatz unter schwierigen Bedingungen in Gegenden, wo die Stromversorgung unsicher und die Umgebungstemperatur sehr hoch sein kann.

Die Handhabe mit MARV kann nur in speziellen Labors der Sicherheitsstufe BSL-4 erfolgen. Mit der Errichtung des neuen Hochsicherheitslabors an der Philipps-Universität Marburg (BSL-4-Labor) setzt sich auf diesem Gebiet in Deutschland eine Tradition der Untersuchung und Erforschung von hochpathogenen Viren des Menschen fort, die mit dem Ausbruch des Marburg-Virus 1967 ihren Anfang nahm. 

 

CryoEM reconstruction of the Marburg virus nucleocapsid. EMD-1986. Credits: Wikipedia

CryoEM reconstruction of the Marburg virus nucleocapsid. EMD-1986. Credits: Wikipedia