Therapeutische Impfung gegen Hirntumore verlängert Leben der Erkrankten um bis zu sechs Jahren

Ein neu entwickelter Impfstoff lenkt Immunzellen auf Gliomzellen, die ein durch Mutation verändertes Protein IDH1 aufweisen. In einer ersten Studie mit Patienten löste er im Tumorgewebe die erwünsche Immunreaktion aus und erwies sich als sicher. 72 Prozent der vollständig Geimpften lebten noch sechs Jahre nach der Impfung.

Möglich gemacht haben das Vakzin Michael Platten, Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und Leiter der klinischen Kooperationseinheit Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), gemeinsam mit seinem Team. Das Wirkprinzip der neu entwickelten Impfungen erläutert Platten so:

„Mutationen im Erbgut der Tumorzellen führen häufig zu krebstypisch veränderten Proteinen. Ein Impfstoff kann das Immunsystem der Patienten und Patientinnen auf solche mutierten Proteine aufmerksam machen, so dass es T-Zellen auf die entsprechenden Zellen ansetzt.“

Mit einem weiteren Impfstoff sollen Mittelliniengliome bekämpft werden. Sie bilden sich in der Nähe des Hirnstamms und zeichnen sich häufig durch ein mutiertes Histon-H3-Protein aus. Ein dagegen gerichteter Impfstoff erwies sich in einer ersten Studie mit Betroffenen als sicher und löste auch die erwartete Immunreaktion aus.

In nachfolgenden Studien soll unter anderem untersucht werden, ob Auffrischimpfungen die Therapieergebnisse noch verbessern können.

Parallel zur Impfstoffentwicklung erforscht Platten mit seinem Team auch, wie die Mikroumgebung innerhalb von Gliomen die Aktivität von Immunzellen beeinflusst. Erkenntnisse darüber können helfen, therapeutische Krebsimpfungen und andere Immuntherapien wirksamer zu machen.

Am 15. April 2024 erhielt der Neurologe den Paul-Martini-Preis für die Entwicklung therapeutischer Impfstoffe gegen maligne Hirntumore. Der Preis wird jährlich von der Paul-Martini-Stiftung, Berlin, für herausragende Leistungen in der klinisch-therapeutischen Arzneimittelforschung verliehen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert.

Das Fachblatt "Die Onkologie" beschreibt in einem Fachartikel die "Neuerungen zur Diagnostik diffuser Gliome und deren Bedeutung für die klinische Praxis": Darin heißt es:

"Die mikroarraybasierte DNA-Methylierungsanalyse [10] wird zunehmend als Instrument zur Verbesserung der Klassifikation von Hirntumoren und zur Unterstützung der Differenzialdiagnose bei Tumoren verwendet, bei denen die Diagnose allein aufgrund der Histologie schwierig ist. Ein größerer Anteil der histologisch klassifizierten Glioblastome des Kleinhirns wurde beispielsweise durch DNA-Methylierungs-Analysen verschiedenen anderen Tumorentitäten zugeordnet, einschließlich der neu identifizierten hochgradigen Astrozytome mit piloiden Merkmalen [1112], deren eindeutige Klassifikation ohne den Nachweis ihres spezifischen DNA-Methylierungs-Profils nicht möglich ist [9]. Aufgrund der zunehmenden diagnostischen Bedeutung der DNA-Methylierungs-basierten Hirntumordiagnostik wurde dieses histologieunabhängige Diagnoseverfahren in der WHO-Klassifikation 2021 erstmalig berücksichtigt".


Lesen Sie auch folgende DGKL-Publikation: 

Positionspapier Prof. Dr. Neumaier und Prof. Dr. Stefan Holdenrieder: Molekulare labormedizinische Diagnostik im peripheren Blut und in Körperflüssigkeiten

Prof. Dr. Michael Platten, Paul-Martini-Preisträger 2024. Professor Platten ist Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und Leiter der klinischen Kooperationseinheit Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).  Foto: © Paul-Martini-Stiftung.

Prof. Dr. Michael Platten, Paul-Martini-Preisträger 2024. Professor Platten ist Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und Leiter der klinischen Kooperationseinheit Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Foto: © Paul-Martini-Stiftung.