Alzheimer-Krankheit schreitet bei Menschen mit Down-Syndrom schneller voran

Eine neue Studie von Forschern der Washington University School of Medicine in St. Louis zeigt, dass die Alzheimer Krankheit bei Menschen mit Down-Syndrom sowohl früher beginnt als auch schneller voranschreitet. Diese Erkenntnis könnte wichtige Auswirkungen auf die Behandlung und Pflege dieser gefährdeten Patientengruppe haben - auch in Deutschland.

Die Ergebnisse sind Teil einer Studie, die online in der Zeitschrift Lancet Neurology veröffentlicht wurde. Darin beschrieben die Forschenden die Entwicklung und das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit bei zwei genetisch bedingten Formen: eine familiäre Form, die als autosomal-dominante Alzheimer-Krankheit bekannt ist, und eine mit dem Down-Syndrom verbundene Variante der Alzheimer-Krankheit.

Im Rahmen dieser Studie kartierten die Forscher die Entwicklung von Tau-Proteinen, dem zweiten Schritt in der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit. Anhand von Positronen-Emissions-Tomographie (PET)-Gehirnscans von 137 Teilnehmern mit Down-Syndrom und 49 mit autosomal-dominanter Alzheimer-Krankheit untersuchten die Forscher, wann Tau-Proteine im Vergleich zu Amyloid-Plaques auftraten und welche Teile des Gehirns betroffen waren.

Die Studie ergab, dass sich Amyloid-Plaques und Tau-Proteinanomalien, die dem kognitiven Verfall bei Alzheimer vorausgehen, in beiden Gruppen in denselben Hirnregionen und in derselben Abfolge ansammeln. Bei Menschen mit Down-Syndrom findet dieser Prozess jedoch früher und schneller statt, und die Tau-Konzentration ist bei einer bestimmten Amyloid-Konzentration höher.

"Der normale Verlauf der Alzheimer-Krankheit sieht so aus, dass erst Amyloid und dann Tau auftritt, und zwar im Abstand von fünf bis sieben Jahren - erst danach kommt es zur Neurodegeneration", erklärt die korrespondierende Autorin Julie Wisch, und: "Beim Down-Syndrom treten die Amyloid- und Tau-Ansammlungen fast gleichzeitig auf".

Das Papier ist Teil einer Zusammenarbeit zwischen zwei großen Forschungskonsortien: dem Dominantly Inherited Alzheimer Network (DIAN), einem internationalen Netzwerk unter der Leitung der Washington University zur Erforschung der autosomal-dominanten Alzheimer-Krankheit, und dem nationalen Alzheimer's Biomarker Consortium-Down Syndrome (ABC-DS), dem die Washington University angehört. Ances leitet im Rahmen des ABC-DS ein Projekt zur Kartierung der molekularen Veränderungen im Gehirn, die bei der Entwicklung von Alzheimer bei Menschen mit Down-Syndrom auftreten.

Auf den Zusammenhang zwischen Alzheimer-Erkrankung und Down-Syndrom weist auch die Neurologische Klinik und Poliklinik am LMU Klinikum in München hin: 

"Es ist bekannt, dass Menschen mit einer Trisomie 21 gehäuft an einer Alzheimer-Demenz erkranken. Dennoch spiegelt sich dieses Wissen bislang nicht in den Versorgungsstrukturen wider und findet auch nur zögerlich Zugang in die Wissenschaft. So wurden alle Medikamente, die bei der Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, lediglich bei Menschen ohne Trisomie 21 erprobt. Auch aktuelle Therapiestudien mit neuen, innovativen Therapien schließen Menschen mit einem Down-Syndrom in der Regel explizit aus. Dies hat zur Folge, dass Behandlungsempfehlungen für die Alzheimer-Krankheit bei Trisomie 21 nur von den Erfahrungen in der Allgemeinbevölkerung abgeleitet werden können, was letztlich einen Behandlungsnachteil für Menschen mit Down-Syndrom darstellt".

Für Patienten in Deutschland stehen zumindest verlässliche labordiagnostische Verfahren zur frühzeitigen Erkennung der Alzheimer-Erkrankung zur Verfügung.

"Beta-Amyloid und Tau-Protein spielen eine zentrale Rolle in der Pathogenese der AD. Dabei kommt es zu extrazellulären Beta-Amyloid-Ablagerungen (Plaques) und intrazellulären Tau-Proteinanreicherungen (Neurofibrillenbündel). Diese Veränderungen sind bereits 10 bis 20 Jahre vor der klinischen Manifestation nachweisbar", heißt es dazu auf den Seiten der Limbach Gruppe.

Die Beurtteilung der Laborergebnisse erfodert jedenfalls fundiertes Wissen, denn:

"In der Liquordiagnostik findet man bei AD im Vergleich zu anderen Demenzformen charakteristischerweise erhöhte Gesamt-Tau-Protein-Werte bzw. Phospho-Tau-Werte bei gleichzeitig erniedrigtem Beta-Amyloid (1-42).

Daher wird die kombinierte Bestimmung der Parameter Beta-Amyloid-1-42 und Gesamt-Tau (hTau) bzw. Beta-Amyloid-1-42 und Phospho-Tau (pTau) empfohlen (Empfehlungsgrad B, Evidenzebene II, S3-Leitlinie „Demenzen“).

Beide Veränderungen sind jedoch nicht spezifisch für die AD, da sie auch bei anderen neurodegenerativen -Erkrankungen vorkommen können".


Weiterführende Informationen:

Abklärung einer Alzheimerdemenz ·  MVZ Labor Dr. Limbach Heidelberg (labor-limbach.de)

Unsere Studien - Alzheimer bei Downsyndrom | Neurologische Klinik und Poliklinik (lmu-klinikum.de)


Original Paper

DOI: 10.1016/S1474-4422(24)00084-X 

 

 

Die leitende klinische Forschungskoordinatorin der Washington University, Brittany Nelson (vorne), hilft einem Patienten bei der Durchführung eines Gehirnscans im Rahmen der Studie über das Zusammenspiel von Down-Syndrom und Alzheimer-Krankheit. Credits: MATT MILLER/Washington University

Die leitende klinische Forschungskoordinatorin der Washington University, Brittany Nelson (vorne), hilft einem Patienten bei der Durchführung eines Gehirnscans im Rahmen der Studie über das Zusammenspiel von Down-Syndrom und Alzheimer-Krankheit. Credits: MATT MILLER/Washington University