Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes kann Biomedizin in Deutschland massiv schaden

Siebzehn Fachgesellschaften, die zusammen mehr als 55.000 Mitglieder in den Natur- und Lebenswissenschaften sowie in der Biomedizin vertreten, weisen auf deutliche Risiken hin.

Dazu zähle neben einer notwendigen Anpassung der Finanzierungs- und Personalstrukturen der wissenschaftlichen Einrichtungen "auch die intensiv diskutierte Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG)", heißt es dazu in einer gemeinsamen MItteilung. Das Bundeskabinett habe dazu in Anlehnung an den Referentenentwurf des BMBF vom 6. Juni 2023 kürzlich einen Gesetzesentwurf beschlossen, der jetzt in die parlamentarische Beratung gehe.

Der Entwurf sieht eine maximal 6-jährige Promotionsphase sowie eine darauffolgende maximal 4-jährige Postdoc-Phase vor. Darüber hinaus sollen zwei weitere Jahre der befristeten Anstellung mit verbindlichen Zielvereinbarungen für den Übergang auf eine Dauerstelle ermöglicht werden.

Doch aus Sicht der Fachgesellschaften birgt die Novelle Risiken:

"Da die angestrebte Novellierung des WissZeitVG keine zusätzlichen unbefristeten Stellen schaffen wird, ist in den meisten Fällen eine Begrenzung der Postdoc Qualifizierungsphase auf 4 Jahre zu erwarten. Gerade in experimentellen Fächern ist diese Zeit jedoch oftmals unzureichend und wird zu einer Abwanderung von Wissenschaftler:innen ins Ausland und zu einem dramatischen Verlust der Qualität der Forschung in den Natur- und Lebenswissenschaften und in der Biomedizin in Deutschland führen".

Eine weitere Öffnung der Tarifklausel, d.h. die Überlassung wichtiger Elemente der Befristungsregelungen zur Regelung durch das Tarifrecht, halten die unterzeichnenden Fachgesellschaften "weder für sachgerecht noch für geboten".

Befristungsregelungen in Flächentarifverträgen würden weder den unterschiedlichen wissenschaftlichen Einrichtungen noch den Karrierewegen junger Wissenschaftler gerecht und würden "zu einer Zersplitterung der rechtlichen und tariflichen Rahmenbedingungen führen".

Eine nach Bundesländern differenzierte Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Karriereoptionen "wäre kontraproduktiv und würde für ein Ungleichgewicht in der Forschung in den Bundesländern führen. Würde die gesamte Qualifizierungsbefristung in die Dispositionsfreiheit der Tarifpartner gelegt, wären die Folgen für den Wissenschaftsstandort Deutschland und für die Karrierewege junger Wissenschaftler:innen in den Naturwissenschaften und der Biomedizin schwerwiegend".

Die unterzeichnenden Fachgesellschaften: 

Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM)
Anatomische Gesellschaft (AG)
Deutsche Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie (DGPT)
Deutsche Gesellschaft für Extrazelluläre Vesikel (GSEV)
Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI)
Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie (DGMP)
Deutsche Gesellschaft für Zellbiologie (DGZ)
Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG)
Deutsche Physiologische Gesellschaft (DPG)
Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh)
Gesellschaft für Entwicklungsbiologie (GfE)
Gesellschaft für Genetik (GfG)
Gesellschaft für Mikroskopie und Bildanalyse (GerBI-GMB)
Gesellschaft für Virologie (GfV)
Neurowissenschaftliche Gesellschaft (NWG)
Signal Transduction Society (STS)
Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM)

Die unterzeichnenden Fachgesellschaften vertreten mehr als 55.000 Mitglieder in den Natur- und Lebenswissenschaften sowie in der Biomedizin.


Weiterführende Informationen:

Die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes - BMBF

Siebzehn Fachgesellschaften, die zusammen mehr als 55.000 Mitglieder in den Natur- und Lebenswissenschaften sowie in der Biomedizin vertreten, äußern sich mit einer Stellungnahme zur geplanten Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.. Credits: Pexels.com/ Polina Tankilevitch

Siebzehn Fachgesellschaften, die zusammen mehr als 55.000 Mitglieder in den Natur- und Lebenswissenschaften sowie in der Biomedizin vertreten, äußern sich mit einer Stellungnahme zur geplanten Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.. Credits: Pexels.com/ Polina Tankilevitch